Endlich raus aus der Wohnungsbaukrise!

„Moment mal!“: Die Bundes­arbeits­­gemeinschaft Immo­bilien­wirtschaft Deutschland (BID) bezieht Stellung.

Die Baugenehmigungszahlen und mit ihnen der Wohnungsneubau sinken seit Monaten ins Bodenlose, ohne Aussicht auf Besserung. Der Wohnungsmangel liegt dabei schon jetzt auf einem Rekordniveau von mehr als 800.000 Wohnungen. Das ist sozialer Sprengstoff und lässt politische Unzufriedenheit in der Bevölkerung wachsen. Die Volkswirtschaft insgesamt erleidet durch die Abwärtsspirale beim Wohnungsbau Milliarden-Verluste und den Staat ereilen erhebliche Rückgänge bei den Steuereinnahmen.

Der fehlende Wohnraum hält dabei vor allem auch dringend benötigte Fachkräfte aus dem Ausland davon ab, nach Deutschland zu kommen. Die Krise im Wohnungsbau droht so einen fatalen Dominoeffekt und massiven Schaden für weite Teile der Wirtschaft auszulösen. Das belegen auch zwei neue Studien des schleswig-holsteinischen Bauforschungsinstituts ARGE (Kiel) und des Beratungsunternehmens des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Econ), die auf dem diesjährigen Wohnungsbau-Tag vorgestellt wurden.

Danach müssten Bund und Länder eine sofortige Sonderförderung des Wohnungsneubaus auflegen, um das bezahlbare Wohnen aus der Krise zu führen. Konkret würden jährlich 23 Milliarden Euro an Subventionen benötigt: 15 Milliarden Euro für 100.000 neue Sozialwohnungen. Und zusätzlich noch einmal 8 Milliarden Euro für den Neubau von 60.000 bezahlbaren Wohnungen. Außerdem müsste deutlich einfacher gebaut werden.

Die Bevölkerung in den beliebten Regionen wächst deutlich schneller als die Anzahl der Wohnungen. Bereits heute liegt in zahlreichen Städten der Wohnungsleerstand bei unter einem Prozent. Das bedeutet, dass für die Menschen, die verzweifelt nach einer Wohnung suchen, dort gar nichts mehr geht. Das kann man mit Blick auf die wirtschaftliche und soziale Situation in Deutschland nur als politisch verantwortungslos bezeichnen. Denn angesichts des Fachkräftemangels und der Überalterung der Gesellschaft brauchen wir in den kommenden Jahren mehr Zuwanderung – und deshalb auch mehr Wohnraum.

Neben einer deutlich höheren Förderung für den Wohnungsneubau muss der Staat kräftig an den Stellschrauben bei den baulichen Standards drehen. Viele Normen, Vorgaben und Auflagen sind schlichtweg überzogen. Alles, was die Kosten beim Neubau unnötig nach oben treibt, gehört deshalb auf den Prüfstand. Dabei wird Vieles mit höchsten Standards gebaut, weil es sonst keine Förderung gibt. Anderes, weil es ökologisch oder mit Blick auf den Wohnkomfort vermeintlich ein Optimum bietet. Hier brauchen wir ein neues Augenmaß für das, was wirklich Sinn macht und auch noch bezahlbar ist.

An einem groß angelegten Zinsförderprogramm für bezahlbaren Wohnungsbau führt in der krisenhaften Situation kein Weg vorbei. Alles, was die Regierung bislang angekündigt hat, ist eine zusätzliche Milliarde an Förderung für klimafreundlichen Neubau – sie reicht aber nicht aus und kommt viel zu schleppend. Eine Zinssubvention auf ein Prozent würde den Staat durch Steuermehreinnahmen infolge der dann wieder auflebenden Baukonjunktur nichts kosten. Kombiniert mit innovativem Wohnungsbau aus der GdW-Rahmenvereinbarung für serielles und modulares Bauen sind dann wieder Neubaumieten von rund 12 Euro pro Quadratmeter – statt aktuell 18 bis 20 Euro – möglich. Der Fördereffekt würde eins zu eins den Mietern zugute kommen.

Deshalb richtet sich unser Appell erneut mit Nachdruck an die Regierung: Nehmen Sie Ihre soziale Verantwortung wahr und schaffen Sie mit einem breiten Zinsprogramm wieder die Möglichkeit für bezahlbaren Wohnungsbau für die Mitte der Gesellschaft! Ansonsten steht die Zukunft Deutschlands als Wohn- und Wirtschaftsstandort auf dem Spiel.

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